Helene Roth

Geburtsname: Roth
geboren: 13. Mai 1904 in Göding, Mähren, Österreich-Ungarn
gestorben: 1995, Tel Aviv, Israel
Religionsbekenntnis: mosaisch
Emigration: 1934 nach Tel Aviv, Palästina

Ausbildung
WS1921/22 Technische Hochschule Wien, a.o. Hörerin, Architektur
1922-1926 Technische Hochschule Wien, Architektur
Helene Roth
Helene Roth
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Biografie

Helene Roth wurde am 13. Mai 1904 in Göding (Hodonín) in eine jüdische Familie geboren. Göding, eine kleine Stadt in Südmähren liegt ca. 50 km südöstlich von Brünn und gehörte damals zum Kaiserreich Österreich-Ungarn. Als Tochter des Fabrikanten Ferdinand Roth, besuchte Helene die Realschule in Brünn und maturierte im Alter von 17 Jahren.
Im Wintersemester 1921/22, wurde sie zunächst als außenordentliche Hörerin und ab dem Sommersemester 1922 als ordentliche Hörerin der Bauschule an der Technischen Hochschule in Wien aufgenommen. Sie legte am 15. Februar die I. und am 20. Dezember 1926 die II.Staatsprüfung für Architektur ab und erhielt den Ingenieurtitel. Helene Roth war mit 22 Jahren die erste und auch jüngste Frau, die ein Architekturstudium an der Technischen Hochschule in Wien abschließen konnte. Bevor sie selbständig tätig wurde, arbeitete sie für das Büro des Architekten Sobotka.
Bei dem Internationalen Frauenkongress 1930 in Wien, organisierte der Bund österreichischer Frauenvereine eine Reihe von Führungen von modernen Häusern und Privatwohnungen, um sie interessierten BesucherInnen zu präsentieren. Unter dem Motto „Modernes Wohnen“ zeigten die ausführenden Architektinnen und Architekten ihre Wohnungseinrichtungen und Umgestaltungen. Auch Wohnungen von Helene Roth konnten bei diesen Führungen besichtigt werden. Sie zeigte eine Klein- und eine Großwohnung, die sie zum Teil gemeinsam mit dem Architekten Albert Gerstner eingerichtete hatte. Diese befanden sich in einem Neubau in der Sieveringerstraße 23, in 1190 Wien und in einem älteren Gebäude in der Schopenhauer Straße 74, in 1180 Wien.

Erwähnenswert war nicht nur der Geschmack der Architektin in der Wahl der Farben und Stoffe, sondern auch ihre Gabe, jedes einzelne Möbelstück gebrauchsfähig zu machen. Für die Ausführung von Wandmalereien und keramischen Öfen, arbeitete sie mit namhaften Künstlerinnen der damaligen Zeit zusammen, wie zum Beispiel mit Maria Strauss-Likarz, einer Designerin und Mitarbeiterin der Wiener Werkstätte.
Helene Roth war als Architektin vorwiegend für Wohnungseinrichtungen, Umbauten, Adaptierungen, aber auch für den Bau von Wohnhäuser und Villen in Wien tätig.
1934, mit Beginn der Zeit des Austrofaschismus, nahm auch der Antisemitismus in Österreich zu und viele Juden wurden an den Rand der Gesellschaft gedrängt. Den meisten bleib nur noch der Weg ins Exil.
So auch Helene Roth: sie emigrierte 1934 in das britische Mandatsgebiet Palästina. Etwa 60 % aller neuen Einwanderer, die nach Palästina kamen, ließen sich in Tel Aviv nieder. Tel Aviv, das Herzstück der jüdischen Gemeinschaft im Land, wurde zur Heimat vieler Einwanderer, die auf der Flucht vor dem Antisemitismus in Europa waren. Neben Helene Roth emigrierten, wenige Zeit später zudem zwei weitere Absolventinnen der Technischen Hochschule Wien nach Palästina: Dora Gad und Anna Klapholz. Vor ihrer Emigration gehörten diese Architektinnen zu den ersten Frauen, die im deutschsprachigen Raum eine Technische Hochschule besuchen konnten. Nun in Tel Aviv beheimatet und niedergelassen, wurden sie von etablierten Architekturbüros angestellt. Helene Roth trat in das Büro von Alfred Abraham ein und wurde später auch seine berufliche Partnerin. Gemeinsam gründeten sie Abraham and Roth, Interior Decoration in der Sheinkin Street in Tel Aviv. Diese Zusammenarbeit bestand von 1934 bis 1956.
Aus den 1950er Jahren sind einige Lampenentwürfe von ihr bekannt. Sie entwarf vor allem Schreibtisch- und Stehleuchten, welche in verschiedenen Materialen ausgeführt wurden.
Helene Roth konzentrierte sich auf die Inneneinrichtung von Wohnungen und Geschäften und wurde zu einer der bedeutendsten Innenarchitektin ihrer Zeit.

Werke (Auswahl)

1931 Teilnahme an der Ausstellung Die schaffende Österreicherin. Werk und Bild, Secession, Wien 

ca. 1933 Entwurf für ein Einfamilienhaus in Wien (nicht realisiert)

1933 Wohnungseinrichtungen im Rahmen der Führungen Modernes Wohnen 

1953-1957 Lampenentwürfe für Schreibtisch- und Stehleuchten

Quellen

Juliane Mikoletzky, Ute Georgeacopol-Winischhofer, Margit Pohl: „Dem Zuge der Zeit entsprechend …“ Zur Geschichte des Frauenstudiums in Österreich am Beispiel der Technischen Universität Wien, WUV-Universitätsverlag Wien, 1997.

Frau Architekt. Seit mehr als 100 Jahren Frauen im Architekturberuf, Ausstellungskatalog Deutsches Architekturmuseum, Frankfurt am Main, 2017, S.49f

Pionierinnen Ausstellung auf der Technischen Universität Wien, Kuppelsaal, 2019

Gisela Urban, Modernes Wohnen. In: Die Österreicherin, Jg. 6, Wien, Juni 1933, S.3-4 

Gisela Urban, Wie schaffen Wiener Architektinnen? in: Neue freie Presse, 15.02.1933

Foto: Helene Roth, ca 1930, Mit freundlicher Genehmigung der Familie Roth und Sigal Davidi.

 

Text: Carmen Trifina
Februar 2022

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