Liane Zimbler
Liane Zimbler, Haus Dr. F, 1925, 1190 Wien

Biografie

Liane Zimbler wurde als Juliane Angela Fischer am 31.05.1892 in Prerau in Mähren geboren. Ursprünglich war die Familie jüdisch, hatte sich jedoch 1896 von ihren Wurzeln gelöst und lebte fortan konfessionslos.

Berufsbedingt wurde ihr Vater, der Oberinspektor bei der Kaiser-Ferdinand-Nordbahn war, um 1900 nach Wien versetzt weshalb sie einen Teil ihrer Schulzeit bereits in Wien absolvierte. Zunächst wurde Liane und ihre Schwester zu Hause unterreichtet, später besuchte sie die Realschule. 

Der genaue Ausbildungsweg von Liane Zimbler ist nicht komplett rekonstruierbar. 

Laut eigenen Angaben besuchte sie die Kunstgewerbeschule in Wien. Wie sich jedoch herausstellen sollte, konnte kein offizieller Nachweis darüber gefunden werden.

Liane begann bereits sehr früh mit kunstgewerblichen Aufträgen Geld zu verdienen. Als Grafikerin illustrierte sie Buchcover: so zum Beispiel Der zerrissene Schleier von Hermann von Skoda und Das Lachen der Masken von Hans Sachs. Sie entwarf Möbel für die Firma Bamberger und Kleider für den bekannten Modesalon Emilie Flöge, dessen Inhaberin die Lebensgefährtin des Malers Gustav Klimt war. 

So konnte sie ihr zeichnerisches Talent und den Umgang mit Stoffen und Farben üben und vertiefen. 1916 heiratete sie Otto Zimbler, einen Rechtsanwalt dessen Spezialgebiet Wirtschaftsrecht war.

Ihren ersten eigenen Architekturauftrag erhielt Liane Zimbler 1918, als sie für einen entfernten Verwandten, Dr. Paul Hellmann, ein Landhaus in Bad Aussee errichten sollte. In dieser Zeit war sie Mitarbeiterin im Büro des Architekten Rosenberger. Anschließend wurde sie 1921 mit dem Erweiterungsbau des Landhauses beauftragt. 

Anfang der zwanziger Jahre machte sie sich als Architektin selbständig und setzte ihren Schwerpunkt auf Wohnungsumbauten, Adaptierungen und Einrichtungen.

1922 kam ihre Tochter Eva zur Welt.

Im selben Jahr folgte ein Großauftrag für das Bankhaus Ephrussi & Co. in 1090 Wien. Diese umfangreichen Umbaumaßnahmen (Aufstockung, Neubau des Kassensaals und Einbau eines Safes) beschäftigten sie zwei Jahre lang und bot ihr die Gelegenheit, sich auf diesem Gebiet zu profilieren. 1924 entwarf sie, wieder für einen entfernten Verwandten, ein Wohnhaus im Cottagestil: das Haus Wetzler in der Silbergasse 2 in 1190 Wien. (Das Gebäude ist nicht mehr erhalten.)

Die wachsende Zahl der Aufträge erforderte ein eigenes Atelier. Liane Zimbler eröffnete dieses 1924 in der Schleifmühlgasse 5, in 1040 Wien. In jenem Haus befand sich ebenso ihre private Wohnung. Die Verbindung von Wohnen und Arbeiten in räumlicher Nähe, ermöglichte es Liane sich ihren Aufträgen zuzuwenden und sich auch gleichermaßen um ihre Tochter zu kümmern. Ende 1920 Jahre eröffnete sie ein weiteres Büro in Prag, welches durch die Architektin Annie Herrnheiser geleitete wurde.
Neben ihren Bautätigkeiten, unterrichtete an einer Volkshochschule und engagierte sich in diversen Vereinen, wie z.B. dem Verband berufstätiger Frauen in Österreich. Sie hielt Vorträge und publizierte unzählige Artikel in den verschiedensten Fachzeitschriften des In- und Auslands.

Außerdem beteiligte sie sich an Ausstellungen und Ausstellungsgestaltungen. Für ihre privaten Auftraggeber, durchwegs Klienten der oberen Mittelschicht arbeitete sie eng mit vielen Künstlerinnen und Kunsthandwerkerinnen der Wiener Werkstätte zusammen: Maria Stauß-Likarz für Wand- und Möbelbemalungen, Hertha Bucher für Öfen und Keramik, Anna Weil-Kuhn und Lilli Hahn für Bastarbeiten, Anny Schantroch für Weberei und Ninetta Wandruska-Steindl für Lampen. Zusammen gestalteten sie unter Zimblers Leitung Interieurs und Ausstellungen. 

Anfang der dreißiger Jahre übernahm sie die Leitung einiger wichtiger Ausstellungen und nahm gleichzeitig mit Entwürfen an ihnen teil: Wie sieht die Frau (1930), Die schaffende Österreicherin, Werk und Bild in der Wiener Sezession und Die schöne Wand (1933).

Der Bund österreichischer Frauenvereine veranstaltete zwischen 1930 und 1937 Wohnungsführungen unter dem Motto Modernes Wohnen. Hierbei konnten auch eingerichtete Wohnungen von Liane Zimbler von interessierten Besucherinnen und Besuchern besichtigt werden.

Im Rahmen dieser Führungen hatte man auch die Chance Wohnungen von Helene Roth, Leonie Pilewski oder Christa Deuticke-Szabo zu bewundern. Am 21. Februar 1938 legte Liane Zimbler ihre Ziviltechnikerprüfung ab. Kurze Zeit später musste sie bereits mit ihrer Familie vor den Nationalsozialisten flüchten. 

Im September 1938 betrat sie in New York zum ersten Mal amerikanischen Boden, wobei sie sich schlussendlich in Los Angeles niederließ. Kurze Zeit arbeitete sie in einer Packpapierfirma, bis sie 1940 bei der damals bekannten Interior Designerin Anita Toor eine Anstellung fand und wieder in ihrem Metier als Innenarchitektin Fuß fassen konnte. Im selben Jahr verstarb ihr Ehemann Otto Zimbler bei einem Verkehrsunfall. Ein Jahr darauf verstarb auch Anita Toor und Liane Zimbler übernahm die Leitung des Ateliers. Sie kaufte den Nachlass auf und führte das Studio in Eigenregie. Ihr erster Großauftrag als Inhaberin des neuen Studios war ein Wohnhaus für den Wiener Komponisten Ernst Toch in Santa Monica, Anfang der vierziger Jahre. Die meisten ihrer Aufträge waren allerdings Innenraumgestaltungen, bei denen sie eng mit den Architekten der Häuser zusammenarbeitete. Neben privaten Aufträgen nahm sie an Ausstellungen teil, engagierte sich in diversen Clubs und unterrichtete StudentInnen. 

Nach nur wenigen Jahren schaffte sie es, sich einen großen Kundenkreis aufzubauen. Ab 1960 arbeitet auch Lianes Tochter, Eva Hübscher-Zimbler nach ihrem Studium in dem Atelier ihrer Mutter mit. Allerdings hatte sie nicht Architektur studiert. Ähnlich wie ihre Mutter stieg sie als Autodidaktin in das Metier ein.

Liane Zimbler war bis ins hohe Alter tätig und starb am 11. November 1987 mit 95 Jahren.

Werke (Auswahl)

1918 Bau eines Landhauses in Bad Aussee für Dr. Paul Hellmann

1920 Umwandlung eins Nebengebäudes in ein Wohnhaus für Herr Direktor
Adalbert Greiner, Schönbrunner Straße 11, 1040 Wien

1921 Erweiterungsbau eines Landhauses in Bad Aussee für Dr. P. Hellmann

1922 Stockaufbau mit 3 Wohnungen für die Wasa – Hauskauf GesmbH,
Wasagasse 2, 1090 Wien

1923 Neubau eines Kassensaals für das Bankhasu Ephrussi & Co., in einem
unverbauten Hof, Wasagasse 2, 1090 Wien 

1924 Einbau von Safes für das Bankhaus Ephrussi & Co. In das Kellergeschoss
des Hauses, Wasagasse 2, 1090 Wien

1924 Bau eines Wohnhauses für die Verlassenschaft B. Wetzler, Silbergasse 2, 1190 Wien 

1925 Haus Dr. F, Entwurf und Bauleitung, 1190 Wien 

1926 Projekte für Einfamilienhäuser für die Realitätenabteilung des Dorotheum in Wien

1928 Umbau eines Herrenhauses und Neubau eines Gästetraktes auf dem Gute Janovejsa, Slovakei, des Herrn Dr. E. v. Nesnera

1929 Stockaufbau für eine große Wohnung der Frau Claire Kohorn in Braunau, C.S.R.

1929 Gesamtumbau eines Einfamilienhauses und Teilung in Mietwohnungen,  Hochschulstraße 9, 1180 Wien, für Frau Rega Engelsberg 

1930 Gesamtumbau eines Miethauses und Umwandlung in ein Einfamilienhaus, 

Glanzinggasse 17, 1180 Wien, für Herrn Prim. Dr. Dohan

1930 Entwurf und die Leitung der Ausstellung Wie sieht die Frau, der
Vereinigung bildender Künstlerinnen, Wiener Frauenkunst.

1931 Gesamtleitung der Ausstellung Die schaffende Österreicherin, Werk
  und Bild
in der Wiener Sezession

1933 Gesamtentwurf und Leitung der Ausstellung Die schöne Wand veranstaltet von der Vereinigung bildender Künstlerinnen, Wiener Frauenkunst gemeinsam mit der Genossenschaft der Maler

weiters diverese Wohnungsteilungen, Wohnungsumbauten und Adaptierungen und Umbauten von Geschäftslokalen

1941 Villa Ernst Toch, Santa Monica, USA

1944 House Bothwell, Umbau und Einrichtung, Los Angeles, CA, USA

ca 1945 House Savin, Umbau und Einrichtung, Los Angeles, CA, USA

1948 Büro Eliot Evans, Innenraumgestaltung, Los Angeles, CA, USA

1951 House Crinklaw, San Bernardino, CA, USA

1952 House J.S. Weil, Beverly Hills, CA, USA (mit Maurice Fleishmann)

1952 Wohnung Feldmann, Einrichtung, Los Angeles, CA, USA

1953 Büro Albert G. Ruben, Innenraumgestaltung, Los Angeles, CA, USA

1954 House Freeman, Los Angeles, CA, USA (mit C.B. Williams)

1954 Exhibition „Metropolitan Living“, USA

1956 7th Annual Decorators and Antiques Show, USA

1958 House Zimbler-Huebscher, Granny-House, Umbau und Einrichtung, Los Angeles, CA, USA

ca. 1960 Exhibition „Living with famous paintings“, USA

1961 House Candianides, Ventura, CA, USA (mit Carl Schwarz)

1961 Washable Living Room, A.I.D. (Show des American Institute of Decoration), USA

1964 Optikergeschäft Norman Tetef, Los Angeles, CA, USA

1965 House Mautner, Beverly Hills, CA, USA (mit Paul Laszlo)

1965-1971 House Levy, Umbau und Einrichtung, Los Angeles, CA,USA

1971 „Decorators and Antiques“ Show, USA

1975 House Wassermann II (Einrichtung), Beverly Hills, CA, USA

Quellen

AT-OeStA/AdR, Österreichisches Staatsarchiv, Archiv der Republik HBbBuT BMfHuV Allg Reihe PTech Zimbler Juliane 31.05.1892 GZl. 65161/1937 

Sabine Plakolm-Forsthuber: Zwei Leben, zwei Karrieren. in: M. Boeckl (Hg.): Visionäre und Vertriebene, Österreichische Spuren in der modernen amerikanischen Architektur, Ausstellungskatalog, Berlin 1995

Sabine Plakolm-Forsthuber: Künstlerinnen in Österreich 1897-1938. Wien, 1994

Christina Gräve, Diplomarbeit, eingereicht 2003, Architekturfakultät TU Berlin, einsicht unter:
www.liane-zimbler.de (abgerufen am 18.02.2022)

AzW Architektenlexikon, Zimbler Liane, www.architektenlexikon.at/de/727.htm (abgerufen am 18.02.2022)

Foto: Liane Zimbler portrait, approx. 1965, Liane Zimbler Architectural Collection, Ms1988-005, Special Collections and University Archives, University Libraries, Virginia Polytechnic Institute and State University. 

Foto: House Dr. F, Döbling,1925, Liane Zimbler Architectural Collection, Ms1988-005, Special Collections and University Archives, University Libraries, Virginia Polytechnic Institute and State University. 


Text: Carmen Trifina

Februar 2022

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