Während das junge Paar noch rechtzeitig die Auswanderung aus Österreich geschafft hatte, waren andere Familienmitglieder nicht so glücklich. So soll ihr jüngerer Bruder Opfer der Shoah geworden sein, über das Schicksal der anderen Familienmitglieder wissen wir nichts.
Wie viele deutschsprachige Architekten im Exil, fanden beide Arbeit in den Büros anderer deutschsprachiger Architekten, die schon früher ins Land gekommen waren. Dora Goldbergs (später Gad) erste Arbeitsmöglichkeit war im Architekturbüro von Oskar Kaufmann, der bis zu seiner Emigration 1933 in Berlin ein gefragter Architekt, v.a. Theaterarchitekt, gewesen war. Ihr Mann wurde im Büro von Alfred Abraham aufgenommen und war damit ein Arbeitskollege einer anderen österreichischen Architektin, Helene Roth, die wir hier im Rahmen des Forschungsprojektes schon vorgestellt haben.
1938 bereits schaffte Dora Gad den Sprung in die Selbständigkeit und eröffnete ihr erstes Büro für Innenarchitektur und Möbeldesign. Sie passte sich schnell an die neuen Möglichkeiten an und entwickelte einen leichten und modernen Stil. Das schlichte Design ihrer Entwürfe und die Verwendung lokaler Materialien fanden viel Anklang. Im Laufe der Zeit hatte sie einen eigenen Stil entwickelt, der unverkennbar von ihrer österreichisch-europäischen Ausbildung beeinflusst war, gleichermaßen aber stark von der Energie ihrer neuen Heimat geprägt wurde. Ab den 1950er Jahren verwendete Gad verstärkt symbolische Motive in ihrer Dekoration, mit biblischen, archäologischen und zionistischen Themen, die das Ideal des jungen Staates darstellten. Das wurde gewissermaßen zu ihrem Markenzeichen. Gleichzeitig hielt sich ihre künstlerische Sprache an die moderne Ästhetik und repräsentierte die Bescheidenheit, Einfachheit und den innovativen Geist des jungen Staates. Dora Gad legte großen Wert darauf, israelische Kunst in die von ihr gestalteten öffentlichen Räume zu integrieren und einzelne Künstlerinnen und Künstler sowie die israelische Kunst als Ganzes zu fördern. Als Beispiele seien hier ihre Hotelinterieurs genannt, aber auch die von ihr eingerichteten öffentlichen Bauten tragen ihre Handschrift.
1942 war Yehezkel Gad (ehemals Heinrich Goldberg) in das Büro seiner Frau gewechselt und gemeinsam avancierten sie in den 1940er und 1950er Jahren zu einem gefragten Innenarchitekturbüro, das private, aber auch prestigeträchtige öffentliche Projekte, wie die Einrichtung der Residenz des Ministerpräsidenten David Ben-Gurion, die Nationalbibliothek, oder die EL AL Büros umsetzte. In den ersten Jahrzehnten nach der israelischen Staatsgründung spielte Dora Gad eine Schlüsselrolle bei der Gestaltung von Projekten für die neu gegründeten nationalen Institutionen, wie des Parlaments. Auch nach dem Tod ihres Mannes 1958, setzte sie ihre Tätigkeit fort, ab 1959 in einer Partnerschaft mit ihrem ehemaligen Mitarbeiter Arieh Noy, die bis 1976 andauern sollte. 1959 heiratete sie in zweiter Ehe den Ex-General und Geschäftsführer der israelischen Fluglinie EL-AL Ephraim Ben-Artzi. Um nicht in einen arbeitsrechtlichen Konflikt zu geraten, hatte sie nach der Eheschließung keine Aufträge mehr für die Ausstattung EL-AL angenommen, zumindest so lange ihr Mann Geschäftsführer der EL-AL war.
1966 erhielt sie schließlich den renommierten Israel Preis für Architektur für ihren Entwurf des Israel-Museums in Jerusalem. Sie war damit die erste Frau, die jemals diesen Preis erhalten hatte. Sie hat aber noch weitere Preise erhalten, wie den Regalo d’Oro-Preis oder den Yakir-Preis des Council for a Beautiful Israel.
Sie hat bis ins hohe Alter gearbeitet. Im Alter von 82 Jahren, 1994 gestaltete das renommierte Tel Aviv Museum of Art eine Retrospektive zu Dora Gads erfolgreicher 50-jähriger Karriere, die sie, nicht überraschend, selbst konzipiert hatte. Einmal mehr erwies sie sich als Pionierin: Bis heute wurde über keine andere Architektin in Israel eine Retrospektive gezeigt.
Ende 2003 starb sie 91-jährig in Caesarea in Israel.